Smart und fesch sieht er aus: in seinem schmal geschnittenen blauen Anzug, mit weißem Hemd, schmalem Schlips und modern geschnittenem Kurzhaar. Ein wenig jung wirkt er, aber mit seinem sonoren Lachen und einem einnehmend freundlichen Wesen ist Daniel Leckschas Sinnbild eines perfekten Versicherungsmannes. Und das ist der knapp 27-Jährige auch, obwohl seine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bei der Debeka nicht in seinem Lebensplan stand.
Flugzeuge wollte er bauen. Hoch in den Lüften zu schweben, bereitete ihm Vergnügen, beflügelte seine Fantasie. Die Frage, was ein Flugzeug in 10.000 Metern Höhe oben hält, das hatte ihn interessiert. “Seit meiner Kindheit fand ich das spannend. Ich dachte, das probiere ich”, sagt er noch immer begeistert. Sein Weg scheint klar. Nach Abitur und Zivildienst beginnt Daniel Leckschas 2011 ein Ingenieurstudium Verkehrswesen an der Berliner TU, Vertiefungsrichtung Luft- und Raumfahrt. Doch das Studium ist eher enttäuschend: hohe Anforderungen an Theorie, wenig praktische Umsetzung. Schon frühzeitig schleichen sich erste Zweifel ein, ob der Weg zum Ziel führt. “Ich sah mich einfach nicht mehr auf einer Baustelle, wo ich an einem Prozess beteiligt bin, etwas fertige oder zusammenbaue”, analysiert Daniel Leckschas. Noch gibt er nicht auf. Nebenbei jobbt er als Student für Firmen, promotet Produkte, steht in Einkaufszentren und preist Joghurt an oder wirbt Mitglieder für Berlins Hertha.
Ein Zufall führt ihn auf einen neuen Weg: Bei einer Bildungsmesse, wozu er seine Freundin begleitet, kommt er mit zwei Vertretern der Debeka ins Gespräch. Und deren Überzeugungskraft ist es zu verdanken, dass auch eine Ausbildung interessante Berufschancen und -wege öffnet. Zudem lockte der Versicherer mit der Aussicht auf eine unbefristete Stelle, sollten die Noten gut sein, und finanzieller Unterstützung für ein späteres fachspezifisches Studium. Das klingt gut, aber noch ist er gedanklich an der TU.
Erst ein Anruf und Nachhaken überzeugt den zweifelnden Studenten. Daniel Leckschas reicht Bewerbungsunterlagen ein, absolviert ein Assessmentcenter der Debeka und schnell ist klar, dass er die kommenden drei Jahre keinen Hörsaal mehr betreten wird, sondern sich zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen ausbilden lässt. Nach zwei Semestern ist sein Traum vom Flugzeugbauen beendet. “Im Nachhinein merke ich extrem, dass ich ein sehr praxisorientierter Mensch bin. Ich muss wissen, warum lerne ich das jetzt konkret und was erreiche ich damit.” Das ist seine Norm. “An der Uni war das nicht gegeben. Man hat in Modulen gelernt, Formeln gepaukt, auswendig gelernt. Im Endeffekt wusste ich aber nicht, was bringt mir das?”, sagt Daniel Leckschas.
Heute weiß er genau, wofür er in der Lehre Mathematik gelernt hat. Dass er einmal Rechnungswesen und Buchführung als Fächer mit Spaßfaktor umschreiben würde, wäre ihm vorher nicht in den Sinn gekommen. “Das hat mir Spaß gemacht, war toll, wirklich etwas, womit ich was anfangen konnte.” Nach drei Jahren hat er seine Ausbildung 2015 mit Bravour bestanden und eine unbefristete Anstellung und ein solides Gehalt. Verkürzen wollte er die Ausbildungszeit nicht.
“Ich bin kein Mensch, der Husch-Husch macht, nur um etwas zu erreichen. Man bekommt in dieser Zeit auch viel mit.” Selbstvertrauen und Lebenserfahrung gehören natürlich auch dazu. Denn schon als Auszubildender ist er nah an den Menschen, bei Kunden, lernt Gespräche zu führen, sich den Arbeitstag einzuteilen. “Man muss sich in deren Situation und Bedürfnisse eindenken”, sagt Daniel Leckschas. Ob sie eine Kranken-, Hausrat- oder Lebensversicherung benötigen oder einen alten Vertrag an die neue Lebenssituation anpassen wollen. Die Kundschaft ist anspruchsvoll, erwartet, dass er sie zielführend, umfassend und gut berät.
“Versicherungen sind Vertrauenssache.”
Dass er ausschließlich abends arbeiten würde, sei übrigens ein Klischee. “Kommt auch vor, aber wir haben viele normale Arbeitstage.”
Ausruhen gilt nicht für Daniel Leckschas. Unmittelbar nach der Ausbildung zündet er gleich die nächste Stufe und schließt im Sommer 2017 den Fachwirt für Versicherungen und Finanzen ab. Seitdem ist er bereits eine Stufe auf der Karriereleiter geklettert und leitet als Führungsbezirksleiter ein kleines Team an, ist zudem auch noch Mentor für einen Auszubildenden, den er bei Terminen immer dabei hat. Doch nicht genug damit, sein Ausbildungstempo behält er bei. Aktuell absolviert Daniel Leckschas einen wirtschaftswissenschaftlichen Bachelor-Studiengang Insurance-Management, finanziell unterstützt durch seinen Arbeitgeber.
“Mir war immer klar, dass ich gerne studiere, auch nach der Ausbildung noch einmal berufsbegleitend. Für mich war lediglich das Modell Vollzeitstudium nicht das Geeignete”, resümiert der Studienaussteiger. Mit Blick auf seinen eigenen (Um-)Weg sieht er kritisch, dass viele Abiturientinnen und Abiturienten nur auf ein anschließendes Studium fixiert seien. “Dann wechseln sie zwischendurch zwei- oder dreimal und werden doch nicht glücklich.” Frustration inbegriffen. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, die sich nach einer Berufsausbildung ergeben, die viele gar nicht in Erwägung ziehen. “Das ist wirklich schade, denn es gibt heute so viele Wege. Da ist doch für jeden etwas möglich und dabei.” Ob anschließender Bachelor, duales oder berufsbegleitendes Studium oder IHK-Abschlüsse.
Die Ausbildungskoordinatorin bei der Debeka, Gabriele Scharni, ergänzt: “Viele Studienaussteigerinnen und -aussteiger stellen hinterher fest, dass es eine kluge Entscheidung war. Sie selbst spüren manchmal erst das Gefühl des Scheiterns. Dabei sehen wir, dass sie etwas mitbringen. Das Studium zuvor war ja keine verschenkte Zeit, sondern ein Stück Erfahrung, die sie in ihren neuen Ausbildungsberuf einbringen.”
Daniel Leckschas ist selber auch noch nicht am Ende seines Weges angekommen, aber er hat seinen Beruf und seine Berufung bei der Debeka gefunden.
Und irgendwie passt auch seine persönliche Lebensphilosophie dazu:
“Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich eine andere.”
Fotos: Anna Weise
Text: Ina Krauß
Dieser Erfahrungsbericht ist im Rahmen des Projekts „Queraufstieg Berlin“ entstanden. Das Projekt wurde von 2016 bis 2020 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als „Leuchtturmprojekte Studienabbruch“ im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung zur Initiative „Bildungsketten“ gefördert.